Energetische Sanierung von Gebäuden
BO: Klären wir erst mal das Grundsätzliche. Den Energiebedarf berechnet man anhand der Gebäudedaten über eine genormte Methode. Dabei werden Annahmen über das Klima und Nutzerverhalten getroffen, so dass bei zwei gleichen Inputdatensätzen immer dasselbe rauskommt.
PH: Verbrauchsdaten sind hingegen die tatsächlich am Objekt gemessenen Daten, die auch für die Abrechnung der Nebenkosten herangezogen und dementsprechend zum Controlling genutzt werden. Mieterverhalten und Klima gehen in die Ablesung ein, die Daten sind also genauer. Wir können daraus allerdings nicht ableiten, dass die Verbräuche auch im nächsten Jahr so sein werden. Vielleicht ändert der Mieter sein Verhalten, oder der Winter wird kälter – das hat alles Auswirkungen auf den Verbrauch.
BO: Und wie kommt man an diese Daten? Ich kann da nur für den Bedarf sprechen, weil es dem ähnlich ist, was CalCon seit über 20 Jahren macht. Wir gehen durchs Gebäude und sammeln die Daten, die wir kriegen können. Und die Daten, die wir nicht kriegen können, schätzt unsere Software.
PH: Verbräuche werden vom Erzeuger geliefert. Ansonsten findet man die wichtigen Daten auch im Verbrauchsausweis. Ich würde empfehlen, den Mittelwert der Verbrauchsdaten der letzten drei Jahre zu nehmen, so hat man eine gute Durchschnittsverbrauchssituation.
BO: Ich würde dazu gerne ergänzen, dass man diese Daten noch auf einer Plattform zusammenführen muss, denn man hat verschiedene Messdienstleister für verschiedene Gewerke wie die Heizung, den Strom und die Elektrotechnik – und die muss man erst einmal harmonisieren. Außerdem ist es problematisch, dass wir vor allem bei dezentralen Wärmeerzeugern keine anständigen Werte für die Verbrauchsdaten erhalten.
Bei einer stichprobenartigen Überprüfung von knapp 20 Millionen Wohngebäuden wurde festgestellt, dass etwa 13 Prozent über Gasetagenheizungen oder Einzelheizungen verfügen. Hinzu kommen fast 40 Prozent, bei denen Kamin- oder Schwedenöfen vorgerüstet oder tatsächlich vorhanden sind. Da müsste man den Holzverbrauch messen, um das in die Berechnung einzubeziehen! Obendrein sind Verbrauchsdaten vergangenheitsorientiert. Wie soll man auf dieser Grundlage eine Aussage über die Zukunft treffen? Das ist beim Bedarf ganz anders. Da weiß ich, wenn ich das Fenster so und so verändere, dann hat das die und die Auswirkungen, denn unter genormten Bedingungen haben wir eine verlässliche Prognosemöglichkeit. Das macht den Bedarf so wertvoll!
Energetische Sanierung von Gebäuden optimieren
PH: Zu diesem Zweck gibt es Arbeitshilfen vom Verband, die Erfahrungswerte aus den letzten 30 Jahren beinhalten. Wenn ich also als energetische Sanierung von Gebäuden zum Beispiel die Heizung erneuere, sind das 30 Prozent CO2-Ersparnis, mache ich eine Wärmedämmung drauf, sind das nochmal 25 Prozent. Schwierig wird es natürlich, wenn man beides nicht gleichzeitig macht, sondern hintereinander, denn dann wird der Effekt der ersten Maßnahme nicht berücksichtigt. Mit einer Wärmedämmung brauche ich ja weniger Heizlast… Das ist also letztlich zu simpel gedacht.
BO: Man sieht also, auch wenn man den Verbrauch betrachtet, hat man nur bis zu einem gewissen Punkt echte Zählerdaten, und ab da rechnet oder schätzt man wieder. Folglich sagen wir bei CalCon, dann machen wir es halt gleich über berechnete Werte. Aber natürlich denkt jeder beim Thema Energie als erstes an den Verbrauch. So geht es auch unseren Kunden, denn sie haben diese Daten bereits. Das gibt ihnen eine gewisse Sicherheit, wahrscheinlich auf dem richtigen Weg zu sein. Wenn man dann ein bisschen nachhakt, was die Qualität dieser Daten betrifft, wird es allerdings meist schon schwieriger…
Beim Bedarf muss ich hingegen weder klimatische Bedingungen noch das Nutzerverhalten rausrechnen. Wir haben also immer dieselben Rahmenbedingungen. Außerdem sind wir unabhängig davon, was uns der Mieter oder Eigentümer an Daten liefert, oder wie gut die Messdienstleister arbeiten. Aber das größte Problem beim Verbrauch ist, dass ich nicht sehe, wo die Energie verloren geht. Ob das Dach, die Fenster, die Dämmung der Rohre, der Wärmeerzeuger oder irgendwelche Wärmebrücken schuld sind. Somit kann man auch die Effekte einer Maßnahmenplanung für die energetische Sanierung von Gebäuden nicht kalkulieren.
PH: Deswegen plädiere ich in Sachen energetische Sanierung von Gebäuden dafür, das Beste aus beiden Welten zu nehmen. Gehen wir auf die Verbräuche in den Reports, dann ist das alles für jeden auch ohne Fachwissen nachvollziehbar. Das Gebäude sollte aber durch die Bedarfsberechnung analysiert werden. So wird deutlich, wo die Schwachstellen sind, wo wir schnell Verbesserungspotenzial aufrufen können, was es kostet, was es bringt und dementsprechend ob es sich auch rentiert. Um das zu berechnen, haben wir die Software und die Fachkompetenz.
BO: Genau. Das heißt, wenn ich eine strategische Planung für die energetische Sanierung von Gebäuden durchführen will, dann muss ich den Bedarf betrachten. Zumal ich auch mögliche Potenziale nicht über den Verbrauch erkennen kann. Ich sehe zum Beispiel weder wie viel PV-Strom enthalten ist, noch wie viel Potenzial ich dafür noch am Gebäude habe. Das gilt genauso für etwaige Sondereffekte, also wenn zwischenzeitlich eine Sanierung oder ein hydraulischer Abgleich durchgeführt wurde .
PH: Mit Hilfe der Zeitreihendaten bringen wir in AiBATROS® diese beiden Welten aber tatsächlich zusammen, und zwar durch einen Vergleich der Ergebnisse der Bedarfsberechnung mit den Verbräuchen. Angenommen, ich habe für 2025 eine Maßnahme energetische Sanierung von Gebäuden geplant, die zu einer CO2-Reduzierung von 30 Prozent führen soll. Anhand der im nächsten Jahr vorliegenden Verbrauchsdaten kann ich dann genau sehen, ob sie so gewirkt hat wie prognostiziert. Damit habe ich alles beisammen, um meinen Klimapfad effizient zu planen.